Elbquellentour 2012

Liebe Tour-de-Europe Freunde,
nach meiner kurzen Vollzugsmail vom 5.8.2012 zum Thema "Elbquellentour 2012" will ich nun doch der Bitte des Navigators nachkommen und etwas ausführlicher berichten. Man kann ja nicht einfach ein solches Event absagen - schließlich warten die Zuschauer, die Sponsorenverträge müssen erfüllt werden, und, und, und... Diesmal stand vor dem offiziellen Start der ersten Etappe der Gesamtsieger der Tour bereits fest - der Oldi. :-)
Für Unwissende jetzt mal der Reihe nach:

Route

Das Jahr 2012 war für tour-d-europe etwas Besonderes. Wir hatten unsere reguläre diesjährige Tour aus terminlichen Gründen (im Mai stand für 2 Mitglieder schon die Istanbul-Tour im Kalender, der Navigator hatte zusätzlich einen fahrradfreien Spezialeinsatz in der Mongolei) auf eine 5 Tages Tour zur Elbquelle reduziert. Das Einschreiben am 6.7. war noch ein voller Erfolg, aber es gab von einigen Alteingesessenen noch kein definitives Bekenntnis zur Teilnahme. Die Tour war vom 1.8. bis 5.8. mit Start und Ziel Dresden geplant. Dabei sollte am zweiten Tag Spindlermühle erreicht werden. Tag 3 wäre eine Wanderung zur Elbquelle mit anschließender Kurzetappe bis Harrachov gewesen. Und danach sollte es über Polen innerhalb von zwei Tagen wieder bis Dresden gehen.

Erfreulich war die telefonische Zusage des Jokers wenigstens 2 Etappen mitzufahren. Und dann hatten wir als besonderes Highlight mit Lena aus Moskau erstmals eine Amazone im Starterfeld. Da auch in den nächsten Tagen weitere Commitments ausblieben, kristallisierte sich letztendlch die Besetzung Joker, Navigator, Oldi und Lena heraus.

Etappe 1 - Von Dresden nach Zittau, 129 km

Sturz

Das Wetter verspricht einigermaßen mitzuspielen. Am 1.8. gegen 8Uhr machen sich der Navigator, der Oldi und unsere Amazone auf den Weg zum offiziellen Start an der Panzerwaschanlage. Und dann passiert es: Nach etwa 2km, am "berüchtigten" Lehmberg in Briesnitz, schaut der Navigator zu lange nach hinten und kollidiert in der Abfahrt mit dem Bordstein. Ein paar Passanten holen sofort den 1.Hilfe Kasten aus ihrem Auto. Wir haben Glück: Der Navigator kann aufstehen und abgesehen von einer tieferen Wunde am Knie sind es halt die radfahrertypischen großflächigen Abschürfungen. Wir fahren erst mal noch weiter bis zum offiziellen Treffpunkt.

PWA

Aber die Adrenalin-Wirkung lässt langsam nach, der Schmerz kommt und es stellt sich die Frage: Soll man mit einem solchen Handicap eine 5-Tages-Tour starten. Leider fehlt uns jetzt der Mannschaftsarzt. Schweren Herzens wirft der Navigator (Organisator der Tour und Wissender wo es lang geht) das Handtuch. Jetzt wird es eng. Der Joker plant, entgegen allen bisherigen Ankündigungen, auch nur die erste Etappe zu fahren. Bleiben der Oldi und die Amazone. Das wäre machbar - erweckt vielleicht einen etwas "komischen" Eindruck. Aber wir könnten ja sagen, wir sind Vater und Tochter. ;-)

Elberadweg

Naja, letztendlich muss die Tour gefahren werden und der Oldi macht den Vorschlag es im Alleingang zu versuchen. Joker und Lena sind aber Sportsmann und bieten das Geleit bis Bad Schandau an. Mit leichter Verspätung, gegen 9Uhr, startet dann die erste Etappe mit dem Ziel Zittau.

Das folgende ist jetzt ein trockener Abriss der verbleibenden knapp 500 km.

Wir nehmen erst einmal den Elberadweg bis Bad Schandau. Dazu muss man nichts weiter sagen - den kennt jeder. Im Gasthaus "Goldener Anker" kehren wir noch einmal ein, und zum Abschied gibt es einen Eisbecher.

Speisekarte

Irgendwie kommt dann zur Sprache, dass 2013 bei tour-d-europe die Schweiz auf dem Programm stehen wird. Der Joker findet diesen Vorschlag gut. Er weiß, dass er etwas gutzumachen hat und lässt sich dazu verleiten, auf die Speisekarte des Restaurants zu schwören, dass er 2013 dabei sein wird. Das sei hiermit weltweit public gemacht! :-)

Kirnitzschtalbahn

Der Oldi, also ich, macht sich gegen 13Uhr auf den Weg und folgt zunächst den Schienen der Kirnitzschtalbahn. Ich will mich an die vom Navigator ausgearbeitete Route halten. Da ich auf niemend Rücksicht nehmen muss, soll aus der 5-Tages-Tour eine 4-Tages-Tour werden. Mit "Aufstehen bei Sonnenaufgang" sollte das machbar sein, und am 2.Tag - sofern man bis 18Uhr Spindlermühle erreicht - sollte auch die Elbquelle zu schaffen sein.

Zipfel

Von Bad Schandau nach Zittau bietet sich als reizvolle Strecke die Route durch den Schluckenauer Zipfel an. Hinter Sebnitz verlässt man Deutschland und fährt dann über Sluknov (Schluckenau) und Rumburk durch eine abwechslungsreiche hügelige Landschaft, ist in Seifhennersdorf wieder in Deutschland und in Varnsdorf wieder in Tschechien. Bis Zittau ist es dann nur noch ein Katzensprung. Für die Übernachtung wird der Campingplatz am Olbersdorfer See gewählt. Er ist Bestandteil eines Freizeitgebietes, das im Zusammenhang mit der Renaturierung des Tagebaus Olbersdorf angelegt wurde.

Also: Tag 1 alles paletti.

Etappe 2 - Von Zittau nach Spindleruv Mlyn, 126 km

Neiße

Der frühe Vogel fängt den Wurm! Nach kurzer Stadtrundfahrt durch Zittau überquere ich bei Sieniawka die Neiße und bin in Polen. Man hat jetzt die Wahl rechts oder links um den Tagebau herumzufahren. Dahinter liegt Bogatynia, und hinter Bogatynia überschreitet man schon wieder die Grenze zu Tschechien. In Frydland, die gleichnamige Burg aus dem 13Jhd. thront über dem Flüsschen Smeda, wendet man sich nach Süden. Die Strasse Nr. 290 folgt dem Flusslauf.

Burg

Spätestens bei Hejnice wird einem bewusst, dass man es ja heute mit einer "Bergetappe" zu tun hat. Die Strasse Nr.290 windet sich ins Isergebirge. Wenn die Baude "Horska Chata Smedava" in Sicht kommt, hat man dann das Grobe geschafft. Man ist ungefähr bei 800m ü.d.M. angekommen.

Baude

Danach geht es wieder abwärts, am Stausee "vodni nadrz Sous" vorbei. Mit Freude nimmt man zur Kenntnis, dass sich die Natur in den letzten 20 Jahren gut erholt hat. Vom Waldsterben im Isergebirge, wie es in den 1980er Jahren allgegenwärtig war, ist nichts mehr zu sehen. Über einen zweiten kurzen Anstieg nach Horni Polubny kommt man in das Tal der Jizera (Iser). Dann immer Hauptstrasse bis Vrchlabi. Der Anstieg nach Spindleruv Mlyn ist flach, es geht immer am Fluss entlang.

Spindleruv Mlyn

Aber ich merke doch, dass ich bei der Hitze (wir haben ca. 30 Grad) einige Körner gelassen habe. Der Krampf klopft jetzt regelmässig an die Tür und ich versuche alle ruckartigen Bewegungen zu vermeiden. Entspannung bringt erst ein kaltes Staropramen am erstbesten Lebensmittelladen von Spindlermühle. Ich liege im Zeitplan, der Campingplatz am gegenüberliegenden Ortsende. Jetzt kommt Teil 2 der heutigen Etappe: Die Wanderung zur Elbquelle.

Bier

Nach kurzer Rücksprache mit dem Campingplatzwart mache ich mich gegen 18Uhr auf den Weg - man kann noch etwas mit dem Fahrrad fahren. Der Platzwart hat mir etwas von zwei Brücken erzählt, die ich kurz hintereinander überqueren müsste, aber irgendwie muss ich die zweite wohl übersehen haben. Ich habe zwar eine Karte dabei, aber es kommen mir so viele Leute entgegen - die können doch alle nur von der Elbquelle kommen. Und der Fluss ist gleich neben mir.

Elbe

So geht es ziemlich lange. Ich hätte ja irgendwann mal ein Schild mit "Pramen Labe" erwartet, aber das fehlt vollkommen. Ich lese immer nur "Bile Labe". Naja, heisst vielleicht auch Quelle. Irgendwann kommt dann eine Baude, und dann geht es nur noch zu Fuss weiter. An der Baude startet gerade eine Wandergruppe von Schulkindern.

Ende

Na, die wollen doch sicher zur Elbquelle! Ich stelle mein Fahrrad ab und folge. Aber dann biegen sie in den Wald ab und irgendwann ist dann auch mein Weg zu Ende - von der Elbe nichts mehr zu sehen. Also zurück, den Kindern hinterher - aber die sind schon außer Sichtweite. Irgendwann im Wald begegne ich dann einem jungen Paar mit Kind. Auf meine Frage, wie weit es denn noch bis zur Elbquelle sei, schaut man mich erst etwas verwundert an, überlegt dann etwas und meint: so ca. 15km. Tja, ich bin an der "falschen" Elbe, an der Bile Labe (der Weissen Elbe). :-(

Die Zeit ist fortgeschritten. Mit einer Gewaltaktion wäre das Ziel vielleicht noch zu schaffen, aber dann stünde mein 4-Tages-Tour vielleicht in Frage. Morgen soll es bis Görlitz gehen, das sind 150km, einschließlich Überquerung des Riesengebirges.

Also kein falscher Ehrgeiz. Wir nehmen zur Kenntnis: Die Mission ist zwar nicht erfüllt - ES WÄRE ABER ZU SCHAFFEN GEWESEN.

Etappe 3 - Von Spindleruv Mlyn nach Zgorzelec, 150 km

Pass

In der Nacht gab es Gewitter. Es hat nur wenig geregnet - zum Glück, denn mein Zelt steht ziemlich im Ablauf des Campingplatzes. Mit Abfahrt vom Zeltplatz fallen die ersten Tropfen und nach wenigen Minuten setzt der Dauerregen ein. Das ist nicht weiter schlimm. Es ist noch warm und alles trocken verpackt. Es geht zunächst auf der gleiche Route wie gestern bis Harrachov. Der Regen hält nach wie vor an und es wird langsam Zeit sich einmal aufzuwärmen und etwas zu trocknen. Aber ich bin zu zeitig. In Harrachov sind alle Restaurants noch geschlossen. Also weiter. Am Grenzübergang nach Polen ist man in etwa wieder auf 900m Höhe.

Hotel

Gleich dahinter befindet sich das Hotel "Bombaj". Die letzten Gäste sitzen noch am Frühstückstisch, im Fernsehen laufen die Olympischen Spiele - ich bestelle mir um 10Uhr ein Golonka (Eisbein) und gönne mir eine Stunde Pause. :-)

Eisbein

Danach ist die Strategie ganz einfach: Nur schnell raus aus dem Riesengebirge. Über Szklarska Poreba und (abweichend vom Plan) Jelenia Gora geht es Richtung Görlitz. Die Berge liegen noch in den Wolken, aber nach Norden wird es heller. Ab Luban bin ich wieder auf der Route der TatraPack-Tour von 2009. Bei der Ankunft in Zgorzelec scheint die Sonne.

Brücke

Ich fahre erst einmal zur Neiße - Brücke, die wir auch 2009 überquert haben und bitte ein paar Urlauber um ein "Siegerfoto". ;-) Dann miete ich mich auf unserem altbewärten Campingplatz in Zgorzelec ein, der inzwischen irgendwie nach einem Autohandel aussieht.

Kirche

Überhaupt hat sich in Zgorzelec im Vergleich zu 2009 einiges verändert. Das gilt in erster Linie für die neuen Konsum-Tempel und Kirchen am Stadtrand. Da ist einiges investiert worden.

Etappe 4 - Von Zgorzelec nach Dresden, 114 km

Hier ist nicht viel zu sagen. Ich habe diesmal einfach die kürzeste Strecke genommen. Bautzen und Bischofswerda sind immer einen Stopp wert, doch ich hatte es diesmal eilig. Bis zum Mittagessen habe ich es nicht geschafft, aber viel später ist es auch nicht geworden. ;-)

Das Fazit

Die Tour 2012 ist vollendet. Die Elbquelle wurde zwar nicht erreicht - lag aber im Bereich des Machbaren. Tja - ohne professionellen Navigator ist man halt manchmal in der falschen Spur. ;-) Wenn jemand die Tour (mit Start in Dresden) nachfahren will: 2 Tage hin, 2 Tage zurück und ein Tag Wandern im Riesengebirge sind eine super Urlaubsidee. Allein macht es natürlich nur halb so viel Spaß. Auch - und das war eine neue Erfahrung für mich - bedarf es etwas der Gewöhnung, auf einer Mehrtagestour allein unterwegs zu sein. Man kommt schnell mal in dunkle Ecken, wo man ein laues Gefühl im Magen verspürt - vor allem, wenn man der Sprache unkundig ist. ;-) Andererseits muss man auf niemanden Rücksicht nehmen. Das ist aber nur ein schwacher Trost.

Im Sinne von "Geteiltes Leid ist halbes Leid" und "Geteilte Freude ist doppelte Freude" hoffe ich 2013 wieder auf eine ordentliche Mannschaft. :-)

der Oldi